PROJEKTREPORTAGE

Kita Freie Scholle, Berlin

Anderhalten Architekten, Berlin

Tage im Grünen

  • Autor: Anne Meuer
  • Fotos: Michael Ahlers, Werner Huthmacher

Drei Bauten in hölzernem Gewand – bei der Umgestaltung einer Kindertagesstätte im Berliner Ortsteil Tegel nahmen die Planer von Anderhalten Architekten Bezug auf die idyllische Lage am Rande eines kleinen Waldes. Große Fassadenöffnungen und Sichtbeziehungen nach draußen machen die grüne Umgebung nun auch im Innenraum erlebbar.

Großstadtkinder haben nur selten die Möglichkeit, ihre Zeit regelmäßig in der Natur zu verbringen. Auch wenn viele Eltern Steine und Stöcke vollen Spielplätzen grundsätzlich vorziehen, den Weg vor die Tore der Stadt finden sie nur selten. Ob man im ruhigen, im Nordwesten Berlins gelegenen Reinickendorf noch von Großstadt sprechen kann, lässt sich sicherlich diskutieren, dass die dort ansässige Kita „Freie Scholle“ ihren Kindern einen wunderbaren Ort für die Jahre bis zum Schuleinstieg bietet, würden wohl nur die wenigsten bestreiten.

Der Hügel vor dem Neubau eignet sich hervorragend dazu, Bällen hinterherzujagen, im Winter wird hier Schlitten gefahren.

Die Einrichtung liegt am Ende einer kleinen Straße, des Erholungswegs. Träger ist heute die Arbeiterwohlfahrt, namensgebend die Baugenossenschaft „Freie Scholle“, welche hier bereits Ende des 19. Jahrhunderts gegründet wurde. Mit dem Auto erreicht man die Kita ausschließlich von Westen über den nahegelegenen Waidmannsluster Damm. Der Weg führt durch die zu großen Teilen denkmalgeschützte Siedlung Tegel. Sie setzt sich aus zumeist zweigeschossigen Ein- bis Zweifamilienhäusern zusammen, schon hier wird alles sehr beschaulich. Nähert man sich mit dem Fahrrad oder zu Fuß, kann man auch durch den dicht bewaldeten Steinbergpark kommen, der die Anlage an den übrigen drei Seiten umschließt. Auf dieser Strecke zeigt sich bereits die auffallend stark ausgeprägte Topografie des Ortes.

"Es war uns wichtig, viel Licht in die Gebäudeteile zu holen und Sichtbezüge herzustellen."
Michael Ahlers, Projektleiter

Beim Betreten des Kita-Geländes trifft man zunächst auf zwei eingeschossige Flachbauten. Es handelt sich dabei um die beiden Bestandsgebäude aus den frühen 1960er Jahren, die im Zuge der baulichen Maßnahmen energetisch saniert und mit einem neuen Gesicht versehen wurden. Der etwas hervorstehende Baukörper, mit der kurzen Fassade zur Zufahrt gewandt, erstreckt sich nach Süden. Er beherbergt, geschützt vor dem Trubel der älteren Kinder, die Räume der Krippe für die unter Einjährigen. Daneben steht der leicht zurückgesetzte, teilunterkellerte Hauptbau. Hier sind das Büro der Kitaleitung, die Küche, ein Kinderrestaurant und die restlichen Gruppenräume untergebracht.

Zwischen den drei Baukörpern entstehen trapezförmige Freiflächen, die sich zum Garten hin öffnen.

Das eingestellte Foyer bildet zugleich den sogenannten ,Marktplatz‘ als zentraler Treffpunkt für Kinder und Eltern. Der lichte Zwischenbau erschließt außerdem einen gartenseitigen Neubau. Hier befindet sich unter anderem ein Bewegungsraum mit Treppe, Rampe und Kletterwand. Durch die Anordnung der drei Baukörper ergeben sich über den trapezförmigen Marktplatz Sichtbeziehungen zwischen den verschiedenen Spielbereichen des Kindergartens.

Das lichte Foyer ist beliebter Treffpunkt für Kinder und Eltern.

„Diese neu entstandene ‚Windmühle‘ ist für die Kinder sehr schön. Der zentrale Raum verbindet die einzelnen Gebäudeteile und alles öffnet sich zum Garten hin“, so Claus Anderhalten über die aus der Planung hervorgegangene Zusammensetzung der Grundrisse.

Steht man am tiefsten Punkt des steil abfallenden Gartens, bietet sich ein schöner Blick auf die etwa tausend Quadratmeter große Kita. Der an der nordwestlichen Längsseite eher geschlossen wirkende Hauptbau zeigt sich hier zweigeschossig mit hohen Glasfronten, schräg gegenüber hebt sich ein Hügel, der Rodelberg, zur ebenfalls vollverglasten Westseite des Neubaus.

„Dank der niedrigen Brüstungen hat man auch als Kind jederzeit den Ausblick in die grüne Umgebung.“
Michael Ahlers, Projektleiter

Auch die Sanitärbereiche der Kita verfügen über große Fenster mit niedrigen Brüstungen.

Auch die Fenster wurden im Zuge der Maßnahme deutlich vergrößert. „Es war uns wichtig, viel Licht in die Gebäudeteile zu holen und Sichtbezüge herzustellen. Dank der niedrigen Brüstungen hat man auch als Kind jederzeit den Ausblick in die grüne Umgebung“, beschreibt Projektleiter Michael Ahlers die Gestaltungsidee. Eine optische Verbindung der drei Gebäudeteile, des gemauerten Bestands und des Neubaus in Holzbauweise, schufen die Architekten durch die einheitliche Verkleidung der Fassaden. Die Schalung aus dunklem, vorbewittertem Lärchenholz in Kombination mit hellen Laibungsflächen und Fensterrahmen erinnert an das dunkle Äußere der Borke und das innenliegende, helle Holz eines Baumes.

Im Bewegungsraum können die Kinder ausgelassen toben, große Verglasungen holen die grüne Umgebung in den Innenraum.

Die Planung des Außenraums wurde von Landschaftsarchitek Utz Keil vorgenommen, der in Berlin bereits einige Projekte mit ähnlichem Ansatz realisiert hat, eines davon ist der Naturerfahrungsraum im Park am Gleisdreieck. Er entwickelt die Spielflächen gemeinsam mit den Kindern, unternimmt Ausflüge mit ihnen, lässt sie probieren, erzählen und aufmalen, was ihnen am wichtigsten ist. Das Ergebnis zeigt sich im Garten der Kita „Freie Scholle“: Neben einer großen, in den Hang eingelassenen Rutsche haben nur wenig Spielgeräte den Weg hierher gefunden. Stattdessen wird in Matschgrube, Sandkasten und Co gebuddelt und gebaut, die Kinder verbringen ihre Tage mit dem, was die Natur zu bieten hat.

Architekten

Anderhalten Architekten
Friedrichstraße 127
10117 Berlin
www.anderhalten.com

Das Büro Anderhalten Architekten wurde 1993 in Berlin gegründet. Es hat zahlreiche öffentliche Bauten realisiert. 2008 gewann es den BDA-Preis des LV Brandenburg für Universitätsgebäude der TH Wildau sowie 2012 für den Umbau des Kunstmuseum Dieselkraftwerk in Cottbus. Claus Anderhalten ist Mitglied im BDA und Professor an der Universität Kassel. Seit 2004 ist Wolfgang Schöning Büropartner.

Projekte (Auswahl)

2014 Martin Luthers Elternhaus, Mansfeld
2011 Uferstudios, Berlin
2009 Neubau Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Berlin
1996 Deutsches Architektur Zentrum, Berlin

Produktinformationen

Sehr gute Ergonomie ist ein wesentliches Merkmal der Armaturenlinie GROHE Eurosmart.

 

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